Einsprachelegitimation gegen Strassenbauprojekte und funktionelle Verkehrsanordnungen

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In der Stadt Zürich wurden in jüngerer Zeit massiv Parkplätze abgebaut. Anwohner und insbesondere auch das (örtliche) Gewerbe sehen sich durch solche Parkplatz-Abbau-Projekte zunehmend bedrängt. Doch nicht jeder kann sich hiergegen rechtlich zur Wehr setzen. Um eine Einsprache bzw. ein Begehren um Neubeurteilung erheben zu können, muss die entsprechende Person hierzu legitimiert bzw. berechtigt sein (sog. Einsprachelegitimation). Ist dies nicht der Fall, so wird auf das Rechtsmittel nicht eingetreten, d.h. die Einsprache und die darin enthaltenen Rügen werden inhaltlich gar nicht erst überprüft.

Wer ist legitimiert?

Zum Rekurs und damit auch zur Einsprache bzw. zum Begehren um Neubeurteilung (vgl. zur Unterscheidung unten) ist berechtigt, wer durch die angefochtene Anordnung berührt ist und ein schutzwürdiges Interesse an deren Änderung oder Aufhebung hat. Das schutzwürdige Interesse setzt eine besondere, beachtenswerte nahe Beziehung zum Streitgegenstand voraus. Zudem muss die das Rechtsmittel erhebende Person einen eigenen praktischen Nutzen an der Rechtsmittelerhebung dartun können und stärker als eine beliebige Drittperson oder die Allgemeinheit betroffen sein. Die Wahrnehmung der Interessen Dritter oder öffentlicher Interessen genügt im Allgemeinen nicht.

Für Rechtsmittel gegen den Abbau von Parkplätzen wird dabei regelmässig auf die räumliche Nähe des Wohnorts bzw. des Geschäfts der einspracheerhebenden Person abgestellt. Bejaht wird die Rechts-mittellegitimation beim Abbau von Parkplätzen insbesondere bei direkten Anstössern: Anwohner und Gewerbetreibende, welche direkt an den vom Abbau betroffenen Strassenabschnitt wohnen oder ihr Geschäft haben, sind regelmässig zur Einsprache legitimiert und können ein Rechtmittel dagegen erheben.

Darüber hinaus können auch Anwohner und Gewerbetreibende aus der näheren Umgebung des vom Parkplatzabbaus betroffenen Strassenabschnittes zur Einsprache legitimiert sein. Sie sind zwar keine Anstösser in engerem Sinn, können unter Umständen jedoch genauso stark vom Parkplatzabbau betroffen sein wie direkte Anstösser. Allein aus dem Umstand, dass jemand einen Parkplatz regelmässig benützt, kann jedoch noch keine Legitimation zur Anfechtung des Parkplatzabbaus abgeleitet werden. Vielmehr müssen die einspracheerhebenden Anwohner und Gewerbetreibende eine spezifische Betroffenheit darlegen können. Eine solche wird in der Praxis etwa bejaht, wenn durch den Parkplatzabbau die Nutzung einer Liegenschaft verunmöglicht oder erheblich erschwert wird. Die Legitimation von Gewerbetreibenden, die sich gegen die Aufhebung von Parkplatzen wenden, wird sodann in der Praxis bejaht, wenn ein erheblicher Anteil der Kundschaft eines Geschäfts tatsächlich mit dem Motorwagen kommt und deren Parkplatzsuche markant erschwert ist.

Die Frage der Einsprachelegitimation wird jeweils im Einzelfall unter Würdigung der gesamten Umstände vorgenommen. Ganz allgemein lässt sich jedoch sagen, dass je grösser die räumliche Distanz zwischen dem vom Parkplatzabbau betroffenen Strassenabschnitt und dem Wohnort oder dem Geschäft der die Einsprache erhebenden Person ist, desto besser letztere ihre spezifische Betroffenheit im Einzelfall auch darlegen muss.

Wann ist der lokale Gewerbeverein legitimiert?

Der als juristische Person (Verein) konstituierte lokale Gewerbeverband kann auf unterschiedliche Weise zur Einsprache gegen ein Strassenbauprojekt legitimiert sein. Hat der lokale Gewerbeverein seinen Geschäftssitz direkt an dem vom Parkplatzabbau betroffenen Strassenabschnitt, so kann er als Anstösser wie die übrigen Anwohner und Gewerbetreibenden zur Wahrung seiner eigenen Interessen eine Einsprache gegen den Parkplatzabbau erheben. Die Einsprachelegitimation des lokalen Gewerbevereins folgt in dem Fall den soeben dargelegten Kriterien.

Darüber hinaus kann der lokale Gewerbeverband als ein als juristische Person konstituierter Verband auch im eigenen Namen die persönlichen Interessen seiner Mitglieder geltend machen. Man spricht in dem Zusammenhang von der sogenannten egoistischen Verbandsbeschwerde. Voraussetzung hierfür ist, dass der entsprechende Gewerbeverband statutenmässig zur Wahrung dieser Interessen seiner Mitglieder beauftragt ist und die Mehrheit oder doch eine Grosszahl seiner Mitglieder zur Beschwerde befugt wäre. Diese Voraussetzungen müssen kumulativ erfüllt sein und sollen die sogenannte Popularbeschwerde ausschliessen.

Damit der lokale Gewerbeverband im Rahmen einer egoistischen Verbandsbeschwerde Einsprache gegen den Parkplatzabbau erheben kann, muss die Wahrung der Interessen der Mitglieder somit zu seinen statutarischen Aufgaben gehören. Bezweckt der Gewerbeverband gemäss seinen Statuten hingegen einzig allgemein die Förderung des Gewerbes, nicht jedoch die Wahrung der (privaten) Interessen seiner Mitglieder, so ist er nicht zur Einsprache im Rahmen der egoistischen Verbandbeschwerde befugt. Möchte ein Gewerbeverband daher zukünftig im Interesse seiner Mitglieder ein Rechtsmittel gegen den Abbau von Parkplätzen rechtlich vorgehen können, so ist ihm zu empfehlen, seine Statuten dahingehend zu ergänzen, dass die Wahrung der Interessen seiner Mitglieder, insbesondere auch in Fragen der Bau- und Verkehrsplanung, darin explizit als Vereinszweck genannt wird.

Zu beachten ist jedoch, dass die Rechtsmittellegitimation im Rahmen einer sog. egoistischen Verbands-beschwerde nach dem Dargelegten zusätzlich voraussetzt, dass eine Grosszahl der Mitglieder des Vereins (in der Regel mind. 1/3) selber zur Einsprache legitimiert wäre. Einsprechend muss selbst nach einer entsprechenden Statutenänderung in der Einsprache des Gewerbeverbandes jeweils im Einzelfall dargelegt und nachgewiesen werden können, dass eine Grosszahl (idealerweise über 1/3) seiner Mitglieder mit Blick auf den in Frage stehenden Parkplatzabbau selber zur Einsprache im Sinne des Dargelegten legitimiert sind. Dies dürfte – wenn überhaupt – nur in Einzelfällen gelingen, etwa bei einer Verkehrsanordnung an einer Strasse, an welcher viele der Vereinsmitglieder ihre Geschäfte haben.

Eine Statutenänderung im dargelegten Sinn führt somit nicht dazu, dass der lokale Gewerbeverein bei allen Verkehrsanordnungen bzw. Strassenbauprojekten im Quartier zur Einsprache legitimiert wäre. Vielmehr wird er auch nach der Statutenänderung nur dann zur Einsprache legitimiert sein, wenn er mit Blick auf das in Frage stehende Projekt darlegen und nachweisen kann, dass ein Grossteil seiner Mitglieder selber zur Einsprache legitimiert wäre. Diese Voraussetzung wird gerade bei Parkplatzabbauprojekten weiterhin ein Knackpunkt sein. Bei dieser Ausgangslage stellt sich durchaus die Frage, ob eine Statutenänderung sich für den Gewerbeverband überhaupt lohnt.

Zum Unterschied zwischen Einsprache und Begehren um Neubeurteilung

Der Abbau von Parkplätzen geschieht oft zusammen mit baulichen Veränderungen an der Strasse selbst im Rahmen sogenannter Strassenbauprojekte nach dem Strassengesetz. Teilweise wird der Abbau von Parkplätzen aber auch unabhängig von solchen Strassenbauprojekten verfügt. In letzterem Fall werden die Parkplätze und die entsprechenden Parkplatzmarkierungen aufgehoben, ohne dass weitere bauliche Veränderungen an der betroffenen Strasse vorgenommen werden. Die Verfügung, mit welcher der Abbau von Parkplätzen rechtsverbindlich beschlossen wird, wird als sog. funktionelle Verkehrsanordnung bezeichnet. Sie hat ihre Grundlage im Strassenverkehrsgesetz des Bundes und den entsprechenden Ausführungsbestimmungen.

Das Rechtsmittel gegen ein Strassenbauprojekt, welches unter anderem auch den Abbau von Parkplätzen vorsieht, ist in der Stadt Zürich die Einsprache beim Tiefbauamt. Das Rechtmittel gegen die sog. funktio-nelle Verkehrsanordnung, mit welcher alleine der Abbau der Parkplätze verfügt wird, ist in der Stadt Zürich das Begehren um Neubeurteilung beim Stadtrat.

Wird der Abbau von Parkplätzen ohne bauliche Veränderung, d.h. ohne Strassenbauprojekt beschlossen, so richtet sich das Rechtsmittel einzig gegen die funktionelle Verkehrsanordnung. In dem Fall ist daher einzig ein Begehren um Neubeurteilung beim Stadtrat einzureichen. Wird der Abbau von Parkplätzen hingegen gestützt auf ein Strassenbauprojekt beschlossen, so ist zu empfehlen, sowohl gegen das Strassenbauprojekt selbst als auch gegen die gestützt auf das Strassenbauprojekt verfügte Verkehrsanordnung ein Rechtsmittel zu erheben. In dem Fall ist gegen das Strassenbauprojekt beim Tiefbauamt eine Einsprache zu erheben und gegen die Verkehrsanordnung beim Stadtrat ein Begehren um Neubeurteilung zu stellen. Die beiden Verfahren werden in der Praxis vom Stadtrat vereinigt, sodass nur ein Entscheid ergeht.

Mitwirkungsverfahren

Schliesslich ist darauf hinzuweisen, dass das Strassengesetz für Strassenbauprojekte das sog. Mitwirkungsverfahren vorsieht. Im Rahmen dieses Mitwirkungsverfahrens kann die breite Bevölkerung Einwendungen zum geplanten Projekt einreichen – und zwar unabhängig davon, ob die entsprechenden Personen oder Verbände anschliessend zur Einsprache gegen das Projekt legitimiert sind. Die hier behandelten Legitimationsvoraussetzungen kommen im Rahmen des Mitwirkungsverfahrens nicht zur Anwendung.

von Dr. Mischa Morgenbesser/Julia Haas, Badertscher Rechtsanwälte AG (www.b-legal.ch)