WERKSTADT ZÜRICH – Standort für Ihre Firma?
Die SBB Areale im Gleisraum zwischen dem Zürich Hauptbahnhof und Altstetten gehören zu den letzten grossen Entwicklungsgebieten in der Stadt Zürich. In naher Zukunft soll sich das 42’000 Quadratmeter grosse Gelände der SBB Werkstätten von einer Industrieanlage zu einem attraktiven Ort für gewerbliche und industrielle Innovationsbetriebe und Start-up-Firmen sowie als Ort für Kultur entwickeln, wie auf der Website werkstadt-zuerich.ch zu lesen ist.
Anlässlich eines Augenscheins vor Ort liess sich der GVZ von Gesamtprojektleiterin Barbara Zeleny das Areal zeigen und die damit verbundenen Ideen für dessen künftige Entwicklung erläutern. Was genau geplant ist, wie die konkrete Umsetzung aussieht und an wen sich das Angebot zu welchen Bedingungen konkret richtet, das wollte der GVZ im Interview mit Barbara Zeleny wissen.
GVZ: Frau Zeleny, was genau sieht das Projekt WERKSTADT ZÜRICH für dieses letzte grosse Industrieareal auf Stadtzürcher Boden vor?
Barbara Zeleny: Wie sie in der Einleitung bereits geschrieben haben, soll das Areal ein Ort für die «urbane Produktion» in der Stadt Zürich werden. Ein urbaner Ort an dem produziert, entwickelt und geforscht wird; sich die Produzenten untereinander austauschen, miteinander vernetzen und Synergien nutzen können. Es werden Arbeits- und Ausbildungsplätze geschaffen. Menschen aus dem Quartier und der Stadt sollen – wo möglich – einen Einblick in die Produktionen erhalten und Produkte vor Ort erwerben können. Das Areal bietet zukünftig aber auch Raum zur Erholung und für Freizeitaktivitäten – es wird ein Teil der Stadt.
GVZ: Von welchem Zeithorizont ist bei dieser Entwicklung auszugehen?
Barbara Zeleny: Bei der Entwicklung handelt es sich um eine Transformation, d.h. eine schrittweise Entwicklung und Verdichtung des Areals. Aufgrund der bahnbetrieblichen Abhängigkeiten wird dies gut 15 Jahre in Anspruch nehmen. Dies auch immer in Abhängigkeit zur Nachfrage: Es wird nicht auf Vorrat gebaut, sondern nach Bedarf. Dies ist notwendig, da das Gewerbe in seiner Typologie sehr heterogen ist. Jede Art von gewerblicher Nutzung hat sehr spezifische Anforderungen, angefangen von Raumhöhen und Grösse von zusammenhängenden Flächen, Klimabedingungen in den Räumen oder auch bezüglich der Erschliessung.
GVZ: Sie sehen eine gemischte Nutzung des Areals, zusammen mit Neubauten, vor. In den letzten Jahren und auch bei den jüngsten Bauvorhaben auf ursprünglichen Industriearealen der Stadt blieb das produzierende Gewerbe zugunsten von zusätzlichem Wohnraum und Freizeitaktivitäten auf der Strecke. Zwar wurde häufig eine Kombination von Wohnen und Arbeiten propagiert. Im Endeffekt verdrängen dann aber hohe Mietkosten, mangelnde Voraussetzungen für gewerbliche Infrastruktur und fehlende Toleranz gegenüber der Tatsache, dass Gewerbe vielfach mit Lärm und/oder anderen Emissionen verbunden ist, immer mehr Handwerks- und Produktionsbetriebe an den Stadtrand oder in die Agglomeration. Passiert dasselbe auf dem SBB Areal?
Barbara Zeleny: Es gibt zwei Gründe, warum dies häufig nicht so funktioniert, wie vorgesehen. Zum einen liegt es an der Verwendung vom Begriff Gewerbe, zum anderen an der Tatsache, dass der Platz in den Städten sehr begrenzt ist. Der Begriff Gewerbe wird häufig für eine ganze Bandbreite von Nutzungen verwendet, angefangen von Büroflächen, Ateliers oder auch Verkaufsflächen werden häufig als Gewerbe bezeichnet. Dies ist vor allem in den Mischzonen beziehungsweise Zentrumszonen der Fall.
Im Areal WERKSTADT ist mit der Einführung der Industrie- und Gewerbezone (IG Zone) und durch die Bau- und Zonenordnung (BZO) eine andere Voraussetzung geschaffen worden. Durch die Zone ist nicht nur der Begriff «Gewerbe» spezifischer definiert. Mögliche Nutzungen werden zusätzlich noch durch die neue Praxisrichtlinie «Industrie- und Gewerbezonen/zulässige Betriebe bzw. Nutzungen» genauer beschrieben und zudem ist der Anteil von reinen Dienstleistungsflächen beschränkt. Zusätzlich ist das Areal noch im kommunalen Richtplan als Arbeitsplatzgebiet ausgewiesen, dies schliesst Wohnnutzungen auf dem Areal per Definition aus.
Die Gebäude und Gebäudehüllen müssen aber auch den baulichen Anforderungen entsprechen. Emissionen sind dabei nicht verboten. Sie müssen jedoch mit entsprechenden Massnahmen in den entsprechenden Emissionsgrenzwerten gehalten werden. Dies ist im Übrigen unabhängig, ob sich die Lage des Gewerbes am Stadtrand oder mitten in der Stadt befindet.
GVZ: Nachhaltigkeit und Klimaschutz werden längst auch beim produzierenden Gewerbe verfolgt. Trotz entsprechender Vorkehrungen und Investitionen sind CO2- und/oder weitere Emissionen häufig nicht zu vermeiden. Wie beeinflusst die von Ihnen propagierte «Balance zwischen Ökonomie und Ökologie» die künftige Zusammensetzung der Mieterschaft?
Barbara Zeleny: Die angesprochene Balance bezieht sich weniger auf eine Selektion der zukünftigen Mieterschaft und deren ökologischen Fussabdruck, sie bezieht sich primär auf den baulichen Umgang mit den Bestandsgebäuden. Hierbei sind der Erhalt und die Nutzbarkeit für zukünftige Betriebe in Einklang zu bringen. Nicht jedes Gebäude ist für jede Nutzung gleich gut geeignet. Bei den Sanierungen muss dies berücksichtigt werden.
Wir begrüssen aber auch Betriebe, die sich nachhaltige Ziele setzen oder sich mit nachhaltigen Themen/Produkten beschäftigen. Wer in der Stadt für die Stadt produziert, leistet schon allein durch die Reduktion von Lieferwegen einen Beitrag. Auch der Einsatz von z.B. Cargovelos zur Verteilung wird durch den urbanen Standort ermöglicht.
GVZ: Welche Handwerks- und Produktionsbetriebe, mal abgesehen von Kreativgewerbe und Cleantech-Unternehmen, sollen sich in der urbanen WERKSTADT niederlassen? Oder anders gefragt: Wird es hier auch Platz geben für Betriebe mit Maschinenpark, Wagenflotte, Fahrtenbedürfnis zu Randzeiten/in der Nacht, Ansprüchen an die Raumhöhe, Bedarf an Lagerplatz usw.?
Barbara Zeleny: Das Areal wird innerhalb der geltenden BZO entwickelt. Es gelten die Vorgaben des Planungs- und Baugesetzes (PBG) Zürich. Das heisst sowohl bauliche als auch verkehrstechnische Vorgaben müssen eingehalten werden. Uns ist klar, dass das Gewerbe bestimmte Bedingungen vorfinden muss, um überhaupt wirtschaftlich tätig sein zu können.
Anforderungen an Raumhöhen und Traglasten von Decken für schwere Maschinen sind Vorgaben, welche bei jedem Projekt – je nach Nutzeranforderung – berücksichtigt werden. Daher haben wir das Ziel, nicht auf Vorrat zu bauen, sondern mit den zukünftigen Nutzern zu entwickeln.
GVZ: Wie ist das Vorgehen, wenn sich ein Gewerbebetrieb per sofort oder in einer späteren Projektphase für den Standort WERKSTADT ZÜRICH interessiert? Wie sind die Bedingungen?
Barbara Zeleny: Bei der Transformation sind wir stark auf das Wissen der Suchenden angewiesen. Jeder, der eine neue Mietfläche sucht, ist willkommen, seine Angaben und Anforderungen via Website (https://werkstadt-zuerich.ch/werkstaedterin-werden) zu platzieren. Wir nehmen alle Bewerber in eine Datenbank auf und kontaktieren diese, sobald Flächen, die den Anforderungen entsprechen, frei werden oder ein neues Projekt gestartet wird. Die Bedingungen sind abhängig von den Anforderungen und können so pauschal nicht angegeben werden. Die Anfragen helfen uns zudem bei den weiteren Projekten, Sanierungen oder Neubauten, die richtigen Annahmen für die Planung zu treffen. Dies ist ein Effekt, der beiden Seiten zugutekommt.
GVZ: Vielen Dank, Frau Zeleny, für die Beantwortung unserer Fragen.
(Barbara Zeleny hat die Fragen schriftlich beantwortet. Weitere Informationen auf www.werkstadt-zuerich.ch.)