Geschenke aus dem Stadthaus

Kolumne

Die Tage werden kürzer und schon ist dieser Sommer, der eigentlich keiner war, wieder vorbei. Der Nebel am Morgen macht Vorfreude auf einen gemütlichen Herbst, derweil der Detailhandel sich bereit macht für das weihnachtliche Wettrüsten.

Im Oktober dürfen wir schon mit den ersten Kugeln rechnen, parallel zu den Halloween-Kürbissen, die neuerdings das Fest der Allerheiligen ankünden. Vielleicht werde ich langsam alt, aber von mir aus brauchen wir keine US-Artefakte zum Feiern. Das gute alte Räbeliechtli tut’s auch.

Verwaltungskonforme Kreativität bleibt erwünscht

Auch die Stadtverwaltung ist offenbar in weihnächtlicher Stimmung – und dies schon vor dem Detailhandel. Am 10. September 2014 wurde bekanntgegeben, dass eine interne Arbeitsgruppe (bestehend aus Vertreterinnen und Vertretern der Stadtentwicklung, der Stadtpolizei und des Polizeidepartements) neue Richtlinien zu den Weihnachtsmärkten auf dem Münsterhof (ab 2016) und dem Sechseläutenplatz (ab 2015) erlassen hat. Jetzt dachte ich immer, dass es Weihnachten schon seit Hunderten von Jahren gibt und war einigermassen überrascht, dass die Stadt hier dringenden Handlungsbedarf ortet! Offenbar sollen die Aussteller ja nicht übermütig werden. Auch Kreativität gehört in die richtigen Bahnen gelenkt. Dafür sorgen die «inhaltlichen und gestalterischen Qualitätskriterien» die in den Richtlinien «im Einzelnen» aufgeführt sind. Wichtigstes Ziel ist eine «klare konzeptionelle Ausrichtung, die sowohl inhaltlich (bezüglich des Angebots) als auch gestalterisch Ausdruck finden soll». Also sehr weihnachtlich und anmächelig...

Die Gewerbepolizei bekommt Arbeit

Jetzt stelle ich mir vor, wie die Marktfrauen Ihre Konfigläser konzeptionell richtig aufdrapieren, wie die Pfadis ihre Weihnachtsguetsli gesetzestreu ins Körbli beigen und wie der Samichlaus aufpasst, dass die Schleife am Chlaussäckli den ästhetischen Vorstellungen unserer Stadtverwaltung entspricht. Auch die Gewerbepolizei muss aufrüsten, denn diese Kontrolle ist alles andere als einfach. Immerhin: Die «Qualitätskriterien sind bewusst offen formuliert», also bleibt innerhalb des verwaltungsrechtlichen Ermessens doch noch etwas erlaubt. Wo die Grenzen der ästhetischen Verirrungen jedoch konkret liegen, wird wohl eine zweite interne Arbeitsgruppe analysieren und dann neue präzisere Richtlinien erlassen...

Nicole Barandun-Gross
Präsidentin Gewerbeverband der Stadt Zürich