Strompreise steigen – sind Sie auf Draht?

Kolumne

«Händ er wider Wiehnachte? Liecht ablösche!» So brachten die Eltern ihre Kinder vor einigen Jahrzehnten zum Stromsparen. Strom war nämlich früher recht teuer. Dann sanken die Preise – und der Verbrauch stieg steil an.

Aktuell brauchen wir gut dreimal mehr Strom als in den Fünfzigerjahren. Dies relativ bedenkenlos, viele wissen gar nicht, was wie viel Strom verbraucht. Als Faustregel gilt: Geräte, die Wärme abstrahlen, fressen Strom. Klassische Stromfresser sind das Bügeleisen und der Toaster, aber auch der Staubsauger heizt.

Wir leben zur Zeit in einer 6500-Watt-Gesellschaft. Pro Stunde ist das ein Verbrauch von über 6 Kilowattstunden (kWh) pro Person. Für Essen, Konsum, Wohnen und Mobilität verbrauchen wir – selbst im Schlaf – so viel wie sechs Staubsauger im Dauerbetrieb. Politisch angestrebt wird die 2000-Watt-Gesellschaft, bisher mit wenig Erfolg. Nun hat das EWZ für das Jahr 2016 eine Preiserhöhung angekündigt. Ein durchschnittlicher Haushalt mit vier Personen soll künftig 50 Franken pro Jahr mehr zahlen. Bei Geschäftskundinnen und - kunden beträgt der Aufschlag etwa 7%. Im Vergleich zu Deutschland sind unsere Preise immer noch paradiesisch. Pro Kilowatt zahlen wir knapp 22 Rappen, unsere Nachbarn 29 Cents.

Gewerbe zusätzlich belastet trotz Kostendruck

Im Unterschied zu den Privathaushalten zahlen jedoch Industrie und Gewerbe schon jetzt leicht höhere Preise als ihre Konkurrenten in Deutschland. Wenn ein Schreiner heute 20'000 Franken im Jahr bezahlt, so sind es nächstes Jahr immerhin 1'400 Franken mehr – angesichts des enormen Kostendrucks im Gewerbe kein Pappenstiel. Zudem ist das Sparpotenzial begrenzt. Dienstleister kommen mit einem Computer aus, aber der Schreiner braucht neben grossen Maschinen noch eine Lüftung, eine Absauganlage, Druckluft und so weiter. Der Gewerbeverband kritisiert deshalb diese Preiserhöhung – wegen der Frankenstärke erfolgt sie für das produzierende Gewerbe in einem denkbar schlechten Moment.

Grüne und rote Lämpchen löschen!

Der Bund rechnet damit, dass sich die Strompreise sowohl insgesamt in Europa als auch zwischen der Schweiz und der EU angleichen werden. Dies liegt einerseits an der stärkeren Vernetzung der Strommärkte und andererseits am steigenden Importbedarf der Schweiz. Stromsparen wird sich voraussichtlich also immer mehr lohnen, sowohl in der Industrie wie auch bei den Privathaushalten. Zum Anfang können Sie mal alle grünen und roten StandbyLämpchen löschen, und wenn Sie ein neues Gerät kaufen… ruhig mal einen Blick auf den Stromverbrauch werfen.

Nicole Barandun-Gross
Präsidentin Gewerbeverband der Stadt Zürich