Wie man sich als Jugendlicher verdächtig macht
Leute über 30 werden es wohl nicht verstehen, aber Jugendliche fahren total auf spezielle Turnschuhe ab – so genannte «Special oder Limited Editions». Diese kosten eine Stange Geld und man muss schon eine Weile sparen, um sie sich leisten zu können.
Kündigt sich ein solcher «Shoe Release» an, macht sich Nervosität unter Zürichs Schülern breit – und nicht nur unter diesen. Junge aus der ganzen Schweiz reisen an, um die ersten Schuhe zu ergattern. Wo unsere Generation früher vor dem Hallenstadion campierte, um bei den Stones in der vordersten Reihe zu stehen, campieren die Jugendlichen vor den trendigen Schuhgeschäften im Niederdorf.
So fanden sich auch vor etwa zwei Wochen mehrere Dutzend Jugendliche in der Limmatstadt ein – gewillt, sich die Nacht um die Ohren zu schlagen, um am Morgen rechtzeitig im Schuhgeschäft zu sein. Eine derartige Ansammlung war wiederum der Polizei suspekt. Alle Erklärungen, wieso sie alle hier seien, nützten nichts (offenbar hat sich dieser Trend bei der Polizei noch nicht herumgesprochen). Die Gesetzeshüter schöpften jedenfalls Verdacht und die Jugendlichen wurden angewiesen, sich in Zweierreihen aufzustellen. Ein Drogenhund wurde organisiert, der die Reihen nach Drogen abschnüffelte. Ob ein paar Gramm gefunden wurde entzieht sich meiner Kenntnis...
Man glaubt es kaum. So werden angepasste, kauffreudige Jugendliche behandelt, die einem Geschäft im Niederdorf viel Geld bringen wollen – so ein Schuh kostet immerhin gegen 300 Franken. Und die Polizei hat nichts Besseres zu tun, als sie zu schikanieren. Da wird doch mit zwei Ellen gemessen. Am anderen Ende der Stadt werden Häuser besetzt, Abfallberge zurückgelassen, die Quartierbewohner die ganze Nacht mit Musik zugelärmt… und die Polizei schaut zu. Zahlt sogar den Strom und das Aufräumen.
Manchmal ist es schwierig zu verstehen, wo die Polizei Gefahr wittert. Und noch schwieriger ist es zu verstehen, wo sie keine wittert.
Nicole Barandun-Gross
Präsidentin Gewerbeverband der Stadt Zürich