Velo, Velo über alles...

Kolumne

Wer meine Kolumne liest, weiss, dass ich die weissen Bodenmarkierungen in den Gartenbeizen für eine der überflüssigsten Schikanen der übereifrigen städtischen Beamten halte. Nun habe ich jedoch einen Ort in Zürich entdeckt, wo die weissen Strichlein tatsächlich Sinn machen würden.

Meine Enthüllung: Die Bodenmarkierungen sind keine Gebührenmaschinen – nein, es sind Unfallverhütungs-Massnahmen! Wer daran zweifelt, soll sich mal auf ein Designerbänkli auf dem Münsterhof setzen und den «beruhigten» Verkehr beobachten. Hier sitzt und trinkt man wie auf einer italienischen Piazza. Die Autofahrer – und leider auch die Ladenkunden – sind verbannt, aber Achtung: Die Veloroute zwischen Münsterhof und Paradeplatz führt geradewegs zwischen den Restaurants gefährlich nahe an den Gartenstühlen vorbei. Die Velofahrer – ob sie wollen oder nicht – fahren quasi durch die Gartenbeiz über den Münsterhof und müssen dabei auch noch den Fussgängern ausweichen, die ebenfalls in diesem schmalen Bereich unterwegs sind. Die Restaurantgäste sind also gut beraten, wenn sie strenge Haltung wahren und ihre Stuhlbeine (und ihre eigenen Beine sowieso!) stets innerhalb einer weissen Markierung platzieren würden. Auch die Kellner werden wahrscheinlich bald gelbe Schutzwesten tragen. Denn obwohl das Schild auf dem Platz Schritttempo gebietet, wird in der Altstadt von nicht wenigen Velofahrern ein rennmässiges Tempo angeschlagen. Nicht zuletzt auch von zahlreichen grauen Panthern auf E-Bikes. Ein solches weibliches Exemplar hat mich just am Münsterhof fast vom Gartenstuhl geholt. Hätte ich eine weisse Markierung für meinen Stuhl gehabt, hätte ich gewusst, wo die Veloautobahn anfängt. Spass beiseite. Ist das wirklich sinnvoll? Wir schaffen Fussgängerzonen, gemütliche Flaniermeilen und verkehrsberuhigte Plätze und dann führt die tägliche innerstädtische Tour de Suisse durch die engen Gässchen? Fussgängerzonen sollten das sein, was sie sind, Fussgängerzonen. Als Velofahrerin steige ich ab und gehe auch mal zu Fuss. Bitte nachahmen!

Nicole Barandun-Gross
Präsidentin Gewerbeverband der Stadt Zürich