S wie Schutzstatus, Spagat und Selbstwertgefühl

Kolumne

Bereits über 12'000 Menschen, vor allem Frauen und Kinder, auf der Flucht vor dem Krieg aus der Ukraine haben sich in der Schweiz registriert.

Der Bund und die Kantone sind «am Anschlag». Da frage ich mich schon: Was hat die Schweiz, haben wir, aus der Flüchtlingskrise 2015 gelernt?

Niemand hat damit gerechnet

Obwohl die politische Situation im Osten Europas aufgeladen war, kam Putins Einfallskrieg in die Ukraine unterwartet. Erwarten darf man, dass aus früher gemachten Erfahrungen Lehren gezogen wurden. Haben wir das? Ganz sicher ist die Solidarität in der Bevölkerung riesig. Die Initiative für private Unterbringung und Versorgung von Menschen auf der Flucht ist überwältigend. Aus Sicht der KMU hat der Kanton schnell reagiert und die Voraussetzungen für die Beschäftigung der Menschen aus der Ukraine definiert. Und die lokalen Betriebe sind durchaus Willens, diesen eine Chance im Zürcher Arbeitsmarkt zu geben, notabene haben die meisten Geflüchteten eine gute Ausbildung und Fremdsprachenkenntnisse. Kommt hinzu, dass in diversen Branchen pandemiebedingt aktuell Personalmangel herrscht.

Alle wollen, keine:r darf

Voraussetzung für eine schnelle berufliche Integration ist der Schutzstatus S, welcher unbürokratisch erteilt werden soll. Die Erfahrungen mit dem Migrationsamt zeigen nun aber, dass es Wochen gehen kann, bis das S vergeben wird, was offenbar nicht am Kanton liegt, sondern beim Bund stockt. So sehr erste, auch private Hilfe wichtig und richtig ist, so wünschenswert ist es für die Geflüchteten, dieses Angewiesensein rasch durch die Möglichkeit abzulösen, für sich selber aufzukommen oder einen Beitrag dazu zu leisten, also nützlich zu sein und nicht nur Last – notabene ohne in neue, nicht kontrollierbare Abhängigkeiten zu geraten.

Resilienz oder wir können das

Noch ist die Pandemie nicht überwunden. Welche Schlussfolgerungen werden hier für die Zukunft gezogen? Nicht, dass sich irgendjemand eine Wiederholung wünschen würde, weder einer Pandemie und schon gar nicht eines neuen Krieges. Aber es hilft, einen Plan zu haben.

Nicole Barandun-Gross

Präsidentin Gewerbeverband der Stadt Zürich