Mindestlohn – Züri, quo vadis?

Kolumne

Immer mehr Vorschriften für praktisch alle Lebensbereiche – das kennen wir alle als Privatpersonen, das gilt aber ganz besonders auch für die Arbeitswelt.

Während Grossunternehmen Heerscharen für Verwaltungsaufgaben beschäftigen, ist der stetig wachsende Papierkrieg für eigentümergeführte KMU wie Spengler oder Sanitär kaum mehr zu bewältigen. Das ist den wenigsten bewusst, am allerwenigsten den roten-grünen Zürcher Gemeinderätinnen und Gemeinderäten, welche die Flut an Regulierungen verantworten. Und dann wundern sich alle, wenn die Preise steigen.

Ein Lohn zum Leben

Das neuste Beispiel ist die Mindestlohn-Initiative und der Gegenvorschlag des Gemeinderats dazu. Die Problematik von Working Poor lässt niemanden kalt. Aber ist ein indexierter Mindeststundenlohn von CHF 23.90 – inklusive Teuerung von 90 Rappen seit 2020! – für alle über 25 Jahre, mit oder ohne Ausbildung, der geeignete Ansatz zur Armutsbekämpfung in der Stadt Zürich? Nein! Weil Armutsbetroffenheit nicht nur etwas mit tiefem Lohn zu tun hat. Entscheidend sind auch Arbeitspensum, Haushaltseinkommen und Haushaltssituation (Kinder). Gemäss Schätzungen des Bundesamts für Statistik (BFS) würden im Kanton Zürich nur rund 30 Prozent der Working Poor von einem Mindestlohn profitieren. Das sind rund 6100 Personen, die in armen Haushalten leben, ein Bruchteil davon in der Stadt Zürich. Profitieren würden also vor allem Personen, die nicht armutsgefährdet sind.

Keine Regulierung ohne Kontrolle

Der Apparat für die Kontrolle der Umsetzung wird uns aber viel kosten. Wohlwissend hat dieselbe Ratsmehrheit die Deckelung dieser Ausgaben abgelehnt. Dieses Geld fehlt andernorts, z. B. zur Förderung der Aus- und Weiterbildung. Für den ehrlichen Patron, der bereits Mindestlöhne zahlt, die zwischen den Sozialpartnern im Rahmen der Gesamtarbeitsverträge vereinbart wurden, heisst das ein weiteres Formular, zusätzliche Kontrollen, Mehraufwand für nichts und wieder nichts. Die wirklich schwarzen Schafe lachen sich bei der veranschlagten Busse für Zuwiderhandlungen von CHF 500 ins Fäustchen. Richtig unübersichtlich wird’s für die, welche auch ausserhalb Zürichs, z. B. in Winterthur, arbeiten: Dort laufen ähnliche Bestrebungen, zu nochmals anderen Bedingungen.

Nicole Barandun-Gross, Präsidentin Gewerbeverband der Stadt Zürich